zum Inhalt springen

Graphisches Slider Element

Technische Ausrüstung

Smartwatches

1 / 2
  • Großansicht:
    Eine Forerunner 935 am Handgelenk unseres ältesten Trackers.
  • Großansicht:
    Das gleiche Modell am Handgelenk unseres agilsten Trackers.

Das analytische Ziel des Projekts besteht darin, die Möglichkeiten zur Modellierung der Mobilität von Jägern zu verbessern. Eine der Modellierungstechniken, die untersucht werden sollen – die Least-Cost-Path (LCP) Analyse – stützt sich im Allgemeinen auf Messungen der menschlichen Gehgeschwindigkeit und des Energieverbrauchs auf verschiedenen Hängen und Geländetypen[1]. Anders als die LCP erfordert die agentenbasierte Modellierung Kenntnisse über die bei der Jagd getroffenen Entscheidungen, die für die Modellierung genutzt werden können. Heutzutage kann die Schrittgeschwindigkeit recht einfach mit Hilfe von GPS-Geräten aufgezeichnet werden. Eine Verbesserung der Modellierungstechniken in Bezug auf die Schrittgeschwindigkeit oder den Energieaufwand erfordert die Berücksichtigung von Topographie und Gelände. In den letzten Jahren wurde die Messung des Energieverbrauchs durch Sportgeräte wie Smartwatches, die für Extremsportarten bestimmt sind, leichter zugänglich[2][3]. Diese vereinen GPS-Aufzeichnung und Herzfrequenzsensor (Handgelenk- oder Herzgurtsensor) mit hoher Messgenauigkeit (GPS-Ortung und Herzfrequenzmessungen pro ein oder zwei Sekunden). Darüber hinaus enthalten solche Smartwatches ein barometrisches Gerät, das eine höhere Auflösung und Genauigkeit als über GPS gemessene Höhenwerte hat. Wir verwendeten aus den o.g. Gründen folgende Smartwatch zur Messung ortsbezogener Daten wie Gehgeschwindigkeit und Energieverbrauch:

Forerunner 935 (Garmin)

Sie ist in der Lage, GPS, Herzfrequenz und barometrische Höhenmessung über einen Zeitraum von 25 Stunden ohne Aufladen zu messen. Dieses Modell hatte sich schon im vorangegangenen IKAi Projekt bewiesen und eine geringe Fehleranfälligkeit. Es erhielt jeder der Tracker während der Feldarbeit so eine Smartwatch.

Technisch gesehen kann die Herzfrequenz bei Smartwatches auf zwei Arten gemessen werden: direkt am Handgelenk mittels Photoplethysmographie oder extern über einen Brustgurt. Die Photoplethysmographie ist eine optische Technik, die volumetrische Veränderungen des Blutes in der peripheren Zirkulation[4] mittels Infrarot niedriger Intensität erfasst. Es wurde berichtet, dass die Photoplethysmographie bei dunklerem Hautton und beim Gehen versagt[5]. Die erwähnten Brustgurte haben diese Einschränkungen nicht, da sie die Elektrokardiogramm-Technologie (EKG) verwenden[6][7]. Da sowohl Photoplethysmographiefehler aufgrund des Hauttons als auch des Gehens zu erwarten waren, musste jeder Teilnehmer mit einem zusätzlichen EKG-Brustgurt ausgestattet werden  (Garmin, BerryKing). Die Verbindung zwischen EKG-Gürtel und Smartwatch wurde über ANT+, eine unidirektionale Funktechnologie mit geringer Leistung, hergestellt.

GoPro Kamera, Smartphones, CyberTracker

1 / 5

Im Gegensatz zur körperlichen Verfassung der Teilnehmer können mobilitätsbeeinflussende Aspekte wie Bodenbedeckung und Verfolgungsentscheidungen nicht direkt erfasst werden. Zu einem gewissen Grad können sowohl Gehgeschwindigkeit, Energieaufwand als auch die Wegfindung von der Landbedeckung, der Topographie, oder der Windrichtung abhängen. Landschaftsmerkmale wie Gewässer, Vegetation oder felsige oder sandige Gebiete können aus der Ferne, z.B. über Satellitenbilder, erfasst werden[8]. Aber in Regionen wie der sehr trockenen Nyae Nyae gibt es kaum Vegetation oder Gewässer. Hier beschränkt sich die Dokumentation der Landbedeckung auf verschiedene Grade der Festigkeit, bzw. des Einsinkens (hart – mittel – weich), bedingt durch die Korngröße des Gesteins (Geröll – Felsen – Kiesel – Kies – Playa – Sand). Theoretisch gilt: Je weniger fest der Boden ist, desto mehr Energie oder Zeit wird benötigt, um es zu durchqueren[9]. Dennoch sind unterschiedliche Grade der "Festigkeit" des Geländes über Sandflächen oder Playa (fluviatile Sedimente) oder die Rutschfestigkeit von Kieshängen auf Satellitendaten kaum auszumachen und müssen an Ort und Stelle erfasst werden. Um die Landbedeckung so umfassend wie möglich zu erfassen, wurde eine redundante Strategie angewandt. Eine passive fotografische Dokumentation von Landbedeckung und Landschaftsmerkmalen erfolgte in Zehn-Sekunden-Schritten - zusammen mit GPS-Position und Zeitstempel - mit einer GoPro Kamera. Zusätzlich wurden Notizen über den subjektiven Eindruck von Korngröße, Härte und Rutschfestigkeit des Bodens, sowie der Windrichtung und -geschwindigkeit manuell in CyberTracker inklusive der aktuellen räumlichen Position auf dem Smartphone erfasst.

Anders als die Least-Cost-Pfadanalyse schließt die agentenbasierte Modellierung der menschlichen Mobilität menschliches Verhalten ein und zielt darauf ab, verschiedene Strategien bei der Veränderung von Landschaften zu testen[10]. Die Datensammlung muss daher detaillierte Informationen über die Entscheidungen enthalten, die die Tracker unterwegs getroffen haben. Leider sind ethnographische Beschreibungen von Entscheidungen während der Jagdausflüge bisher selten bzw. wenig detailreich[11]. Einerseits waren anstehende Entscheidungen nur schwer vorhersehbar und mussten entweder über Textnotizen oder Tonaufnahmen durchgeführt werden. Die Open-Source-Software CyberTracker vereint all diese Anforderungen. Das Tool wurde für die Evaluation von indigenen Trackern entwickelt[12] und setzt damit auf eine möglichst intuitive Bedienung. Heute wird es in großem Umfang für das Monitoring von indigenem Wissen und Biodiversität eingesetzt[13]. Seine Stärke liegt in seiner Flexibilität, da es die schnelle Organisation von Formularen für die Benutzereingabe jeglicher Art von Daten (Text, Foto, Audio) erlaubt. Jeder Eintrag wird zusammen mit der GPS-Position in einer SQL-Datenbank gespeichert; Wanderwege werden in definierbaren Entfernungen aufgenommen. Darüber hinaus ist das Tool nicht an ein bestimmtes Betriebssystem oder eine bestimmte Hardware gebunden und kann auf verschiedenen Arten von Handheld-Geräten installiert werden. Die heute üblichen Smartphones kombinieren die Fähigkeit, Textnotizen zu schreiben, Audio aufzunehmen und Fotos zu machen. Es gibt eine Reihe von Outdoor-Telefonen, die sich durch eine lange Akkulaufzeit und ein robustes Gehäuse zu relativ niedrigen Preisen vom riesigen Markt der Smartphones abheben. Es wurden vier verschiedene robuste Outdoor-Smartphones verwendet, die sich im Wesentlichen in der Akkulaufzeit und damit in Größe und Gewicht unterscheiden:

1x Oukitel WP1: 10.000 mAh Akku
1x Oukitel WP2: 5.000 mAh Akku
1x Oukitel WP7: 8.000 mAh Akku
1x Ulefone Armor 3 : 10.300 mAh Akku

Auf allen Telefonen lief die open-source Software CyberTracker, die es ermöglichte, gleichzeitig die getroffenen Entscheidungen, die beobachteten Tierarten und ihre Fußspuren, sowie Beobachtungen über Änderungen der Bodenbedeckung zu notieren und zu kommentieren.

Am Ende jedes Tages mussten die Daten von jedem dieser Geräte heruntergeladen werden, um einen Datenverlust im Falle eines Software- oder Hardwareschadens oder -verlusts zu vermeiden. Da jedes Gerät eine eigene Software und ein eigenes Verfahren für den Export benötigt, wurde ein leistungsfähiger, aber leichter Laptop (Lenovo Thinkpad T480) verwendet, um die Dateien zu sammeln, zu speichern und auf zwei separate externe Festplatten (2x 2TB Western Digital Elements) zu verteilen. Ein weiterer baugleicher Laptop diente als Backup.

Windmessung

Ein wichtiger Faktor bei der Konzeption der Jagddokumentation ist der Wind. Aufgrund des stark konturierten Geländes waren die Windverhältnisse sehr unbeständig und abhängig von den topographischen Gegebenheiten und der Tageszeit. Die Entscheidungen der Jäger bezüglich Laufrichtung, und aktueller Jagdregion, aber auch die Techniken des gezielten Anschleichens an Jagdwild, hingen stark von Windrichtung und Windstärke ab. Die Jäger selbst nutzten einfache Methoden, um in regelmäßigen Abständen Windrichtung und Windstärke zu messen (z.B. durch regelmäßiges Aufwirbeln feinen Sandes oder Sand durch die Hand rieseln lassen). Nicht immer wurden die Wind-abhängigen Entscheidungen offen kommuniziert. Um die Entscheidungen und angewandten Techniken interpretieren zu können war daher eine unabhängige Messung der Windverhältnisse geboten.

Um die Windverhältnisse während der täglichen Wanderungen dokumentieren zu können ohne in das Geschehen einzugreifen, wurde kurzfristig im vorangegangenen IKAi Projekt ein mobiles Windmesssystem entwickelt. Dies besteht aus zwei Ultraschall-Windanemometern der Firma LCJ Capteur, gekoppelt an zwei batteriebetriebene USB Datenlogger der Firma Hobo.

Die Daten, die ein Windmessgerät ausgibt, ergeben nur dann Sinn, wenn das Gerät nach Norden ausgerichtet ist. Eine feste Positionierung ist bei einem mobilen Einsatz aber nicht möglich. Stattdessen wurden die Windmessgeräte so am Rucksack befestigt, dass sie in Laufrichtung ausgerichtet waren. Auf diese Weise produzierten sie keine absoluten (genordeten) Windrichtungswerte, sondern relative. Diese wiederum ließen sich über die GPS-Position und die daraus zu gewinnenden Bewegungsrichtung umrechnen.

Stromversorgung

Die Stromversorgung muss sich während der Feldforschung vollständig auf Sonnenenergie stützen. Sonnenlicht gehört zu den reichlich vorhandenen Ressourcen in Namibia, die überall verfügbar sind. Darüber hinaus sind Sonnenkollektoren im Gegensatz zu benzinbetriebenen Generatoren besonders klein und geräusch- und geruchsneutral. Die Nutzung der Sonnenenergie sorgte somit für eine wartungsfreie Stromversorgung und stellte sicher, dass die Tierwelt nicht gestört wurde. Allerdings konnten elektronische Geräte nicht direkt an die Solarpaneele angeschlossen werden, da Schwankungen im Ausgangsstrom zu einer raschen Verschlechterung der internen Batterien führen können. Zudem konnten die Geräte erst nach Sonnenuntergang geladen werden, da sie tagsüber benutzt wurden. Die Verwendung moderner Powerbanks löste beide Probleme auf einmal. Sie vertragen die schwankenden Ladeströme der Sonnekollektoren und können gleichzeitg Strom abgeben. Da die Feldarbeit stark von elektronischen Geräten abhängig war, wurde die Stromversorgung redundant ausgeführt, um Ausfälle abzufedern.

 

Nächste Seite: Ethische Aspekte

Literatur

  1. Herzog, I., 2013. The potential and limits of optimal path analysis, in: Bevan, A., Lake, M. (Eds.), Computational Approaches to Archaeological Spaces, UCL Institute of Archaeology Publications. Left Coast Press, Walnut Creek, California, pp. 179–211.

  2. Seshadri, D.R., Li, R.T., Voos, J.E., Rowbottom, J.R., Alfes, C.M., Zorman, C.A., Drummond, C.K., 2019. Wearable sensors for monitoring the internal and external workload of the athlete. npj Digital Medicine 2, 71. DOI: 10.1038/s41746-019-0149-2

  3. Phan, D., Siong, L.Y., Pathirana, P.N., Seneviratne, A., 2015. Smartwatch: Performance evaluation for long-term heart rate monitoring, in: 2015 International Symposium on Bioelectronics and Bioinformatics (ISBB). Institute of Electrical and Electronics Engineers Inc., Online publication, pp. 144–147. DOI: 10.1109/ISBB.2015.7344944

  4. Spierer, D.K., Rosen, Z., Litman, L.L., Fujii, K., 2015. Validation of photoplethysmography as a method to detect heart rate during rest and exercise. Journal of Medical Engineering & Technology 39, 264–271. DOI: 10.3109/03091902.2015.1047536

  5. Shcherbina, A., Mattsson, C.M., Waggott, D., Salisbury, H., Christle, J.W., Hastie, T., Wheeler, M.T., Ashley, E.A., 2017. Accuracy in Wrist-Worn, Sensor-Based Measurements of Heart Rate and Energy Expenditure in a Diverse Cohort. Journal of Personalized Medicine 7, 3. DOI: 10.3390/jpm7020003

  6. Sartor, F., Gelissen, J., van Dinther, R., Roovers, D., Papini, G.B., Coppola, G., 2018. Wrist-worn optical and chest strap heart rate comparison in a heterogeneous sample of healthy individuals and in coronary artery disease patients. BMC sports science, medicine & rehabilitation 10, 10--10. DOI: 10.1186/s13102-018-0098-0

  7. Terbizan, D.J., Dolezal, B.A., Albano, C., 2002. Validity of Seven Commercially Available Heart Rate Monitors. Measurement in Physical Education and Exercise Science 6, 243–247. DOI: 10.1207/S15327841MPEE0604\_3

  8. Wulder, M.A., Coops, N.C., Roy, D.P., White, J.C., Hermosilla, T., 2018. Land cover 2.0. International Journal of Remote Sensing 39, 4254–4284. DOI: 10.1080/01431161.2018.1452075

  9. Zamparo, P., Perini, R., Orizio, C., Sacher, M., Ferretti, G., 1992. The energy cost of walking or running on sand. European Journal of Applied Physiology and Occupational Physiology 65, 183–187. DOI: 10.1007/BF00705078
  10. Romanowska, I., 2015. Agent-based modelling and archaeological hypothesis testing: The case study of the European Lower Palaeolithic, in: Traviglia, A. (Ed.), Across Space and Time. Amsterdam University Press, Amsterdam, pp. 203--214.

  11. Tanaka, J., 1976. Subsistence ecology of central Kalahari San, in: Lee, R.B., DeVore, I. (Eds.), Kalahari Hunter-Gatherers: Studies of the !Kung and Their Neighbours. Harvard University Press, Cambridge, pp. 98–119.

  12. Liebenberg, L., Steventon, L., Benadie, K., Minye, J., 1999. Rhino tracking with the CyberTracker field computer. Pachyderm 27, 59–61.

  13. Ansell, S., Koenig, J., 2011. CyberTracker: An integral management tool used by rangers in the Djelk Indigenous Protected Area, central Arnhem Land, Australia. Ecological Management & Restoration 12, 13–25. DOI: 10.1111/j.1442-8903.2011.00575.x